Mrs. Bhandari's Guesthouse
27.-29. März 2009, Amritsar, Indien
Für Overlander heisst es, jeden Abend einen neuen Stellplatz zum Schlafen suchen. Manchmal kann das bis zu vier Stunden dauern. Es kann sogar vorkommen, dass man kurz vor dem Schlafen gehen wieder weggewiesen wird ...
Umso schöner sind die Tage, an denen man genau weiss, wo sich ein toller Stellplatz befindet. Und in Amritsar ist es bei Mrs. Bhandari's Guesthouse im grossen (eingezäunten) Garten mit Toilette, Dusche, Wäscheservice und kleinem Restaurant.
Das Guesthouse ist im indischen Chaos, Lärm, Staub und Bedrängnis eine wahre Oase der Ruhe und Erholung. Und will man in Amritsar andere Overlander treffen, so ist das der Ort! Kleiner Wehmutstropfen: Leider ist die Übernachtung nicht ganz so günstig wie an anderen Orten ...
Es gibt über 1 Bilion Inder ...
27. Februar - 29. März 2009, Indien
... und davon sind sehr viele, sehr neugierig! Überall in Indien (und auch in Bangladesch) wo wir durchgekommen sind und angehalten haben, um ...
- etwas zu essen ...
- ein Foto zu schiessen ...
- oder Lebensmittel einzukaufen ...
- oder um am Auto etwas zu überprüfen, zu reparieren oder zu tanken
- oder um zu übernachten
... hat sich innerhalb kurzer Zeit eine kleinere oder grössere Menschenmenge angesammelt.
Es passiert schliesslich nicht alle Tage was Aufregendes und dann noch in Form von einem fremdartigen Auto und zwei unbekannten Nicht-Einheimischen ;-) !
Ach ja, unser europäisches Gefühl für "Das ist mein Bereich und das ist Dein Bereich" funktioniert in Indien und Bangladesch so: "Hey, da hat's was irre Spannendes und ich (Inder oder Bangladescher) muss unbedingt zuvorderst sein, um auf jeden Fall alles ganz genau zu sehen!"
Es ist für uns ein unbekanntes Verhalten und die Erfahrung kann je nach Situation und Entspanntheit der Reisenden, Spass machen oder unheimlich nerven.
PS: Wer findet Thomas?
Der unglaubliche Kapitän
19. Februar 2009, Kalkutta, Indien
Am ersten Tag nach unserer Ankunft in Kalkutta waren wir auf der Suche nach einem Agenten. Seine Aufgabe bestünde darin, in Vertretung von uns, alle notwendigen Formalitäten am Hafen und beim Zoll zu erledigen, um unser Auto wieder in Empfang zu nehmen.
Eine kurze Suche im Internet zeigte, dass sich viele dieser Agenten im gleichen Stadtteil befinden. Wir entschlossen uns, auf gut Glück dahin zu gehen und einen zu finden. Stunden vergingen, ohne dass unsere Suche von Erfolg war.
Durch Zufall kamen wir am Zollgebäude vorbei und erkundigten uns dort nach möglichen, in der Nähe liegenden Büros. Sie verwiesen uns an eine Reederei zwei Strassen weiter. Dort wollte sich jedoch niemand unserem Problem annehmen. Aufgrund des vorgezeigten Frachtscheins stellten sie fest, dass unser Container auf einem Frachter einer anderen Firma unterwegs war. Nach mehrfachem und ständigem Nachhaken rückte ein Mitarbeiter mit der Adresse der richtigen Reederei heraus.
Kurz darauf standen wir bei dieser Reederei im Büro. Man teilte uns mit, dass der Frachter zwar ihnen gehöre, aber der Container mit unserem Auto drin jemand ganz Anderem. Wir bekamen die Adresse des Containerinhabers in die Hände gedrückt.
Im Büro der Containerfirma angekommen, wurden wir mit grossen Augen angeschaut. Die Angestellten verstanden nicht, was wir genau wollten (nämlich eine Agenten, der unser Auto auslösen würde). Scheinbar hatten wir die Sache komplett falsch angepackt ...
Unterdessen bekam der Chef mit, dass etwas Unplanmässiges vor sich ging. Wir wurden in sein Büro gerufen und sehr freundlich begrüsst. Tee trinkend erzählten wir unsere ganze Geschichte. Interessiert hörte er zu und erzählte seinerseits die Erlebnisse, als er auf grosser See Kapitän auf Frachtschiffen war.
Als Containerfirma und Reederei konnten sie uns eigentlich nicht weiterhelfen. Falsch gedacht! Der Kapitän holte in der Zwischenzeit sämtliche Informationen über unser Container ein und Leute wurden ausfindig gemacht, die uns als Agenten vielleicht weiterhelfen konnten. Mit unendlichem Einsatz tieb er hilfreiche Kontakte auf, wägte Umbuchungen ab und rechnete mögliche Zeiteinsparungen durch. Nach über vier Stunden und mehreren Tassen Tee verliessen wir vollgepackt mit Informationen um 9 Uhr abends das Büro des unglaublichen Kapitäns!
Papierkrieg in Kalkutta
23. Februar 2009, Kalkutta, Indien
Es waren wie üblich gewisse Zollformalitäten notwendig, um unser Auto ins Land zu importieren bzw. um nach der Container-Verschiffung unser Auto aus dem Hafen von Kalkutta auszulösen. Wir hätten aber nicht im Traum daran gedacht, dass die Geschichte so ablaufen würde:
Wir hatten einen Termin im Zollgebäude um 12:00 Uhr mittags. Als wir dort eintrafen, empfing uns unser Zollagent. Er führte uns im Ergeschoss in eine Halle und forderte uns auf, auf einer Holzbank Platz zu nehmen und zu warten.
In diesem grossen Raum werden die ersten Zollformalitäten durch diverse freischaffende Agenten erledigt. Jeder dieser Agenten besitzt irgendeinen Tisch mit irgendeinem Stuhl in irgendeiner Ecke des Raumes. Kein Brockenhaus könnte eine solche Möbelvielfalt anbieten!
Das Gemeinsame an den Arbeitsplätzen ist der unheimliche Staub und Dreck! Ihre Gesundheitsvorsorge warnt: Das Betreten dieses Raumes kann zu Hautausschlägen führen!
Sämtliche Möbel und Akten sind mit einer dicken, schwarzen Staubschicht überzogen und Müll wird grundsätzlich unter die Schränke gewischt. Viele Fenster haben zerbrochene Scheiben und der Lärm und Schmutz der Strasse kann ungehindert eindringen.
Da wir für unsere Zollformalitäten mehrere Stunden wartend in dieser Räumlichkeit verbringen mussten und auf die Dauer das Kakerlaken-Beobachten langweilig wurde, studierten wir den Tagesablauf des uns gegenüber sitzenden Agenten.
Als wir am Mittag eintrafen, war der Herr bereits anwesend, die aktuelle Zeitung lesend. Das dauerte etwa 1 Stunde. Im fliessenden Uebergang wechselte er zur nächsten Zeitung, die aber nach 40min bereits gelesen war. Währenddessen war eine 20-minütige Zigarettenpause notwendig, natürlich am selben Arbeitsplatz. Plötzlich eine jähe Unterbrechung: Arbeit nahte in Form von einem Angestellten. Der Agent kontrollierte ein dreiseitiges Papier und setzte einen Stempel und seine Unterschrift darunter. Nach getaner Arbeit entschloss sich der Beamte für die Mittagspause. Das mitgebrachte Essen verzehrte er gleich vor Ort. Er ass mit den Händen (Händewaschen?) und wischte diese anschliessend unter der Tischplatte ab. Eine weitere Stunde ging vorüber. Für etwa 30min verliess der Herr seinen Arbeitsplatz. Wir vermuten für einen Toilettengang. Zurück am "Arbeitsplatz" legte er seinen Kopf auf den Tisch und genehmigte sich einen einstündigen Mittagsschlaf. Der Tag ging bereits zur Neige und der Agent entschloss sich ein Buch zu lesen.
Wie sein Tagesablauf endete, können wir nicht sagen, da wir nach mehr als vier Stunden Wartezeit um 16:18 Uhr von unserem Zollagenten gerufen wurden. Der für uns zuständige Zollbeamte sei jetzt anwesend und wir müssten zu ihm mitkommen.
Nichts wie los in den ersten Stock des Zollgebäudes, hinauf durchs Treppenhaus, wo sich die Toiletten befinden und mancher Inder seine Notdurft verrichtet. Kein Witz! Im Treppenhaus stinkt es stärker als im Zürcher Zoo bei den Elefanten!
Wir wurden bereits erwartet und es waren von uns mehrere Unterschriften notwendig. Der erste Stock unterscheidet sich vom Erdgeschoss durch gestrichene Wände und die drei Meter hohen Aktenstappel, welche nicht ganz so schmutzig sind.
Weiter ging es in den zweiten Stock. Der Unterschied zum ersten Stock? Etwas weniger Möbel, etwas weniger Staub und praktisch keine Aktenstapel. Wir musssten bei einem weiteren Zollbeamten vorsprechen, damit er das Foto im Pass mit dem lebenden Original vergleichen und die Übereinstimmung sicherstellen konnte.
Nach über sechs Stunden "Warten und Vorsprechen" im Erdgeschoss, im ersten und zweiten Stock des Zollgebäudes waren die notwendigen Formalitäten erledigt und wir konnten den Ort des Papierkriegs auf Nimmerwiedersehen verlassen!
Inder mit Köpfchen
18.-27. Februar 2009, Kalkutta, Indien
Auf einen arbeitenden Inder kommen durchschnittlich 5 weitere Inder, die dem Arbeitenden zuschauen.
Es ist kein grosses Geheimnis, dass viele Inder unendlich faul sind!
Für die Anzahl der hart arbeitenden Inder bleibt deshalb eine Unmenge von Tätigkeiten übrig, die niemand erledigen will.
Schmutzige oder körperlich anstrengende Arbeit wird von Leuten tieferen Ranges ausgeübt. Sie krüppeln sich fast "zu Tode".
Bei einer Einwohnerzahl von über 1 Milliarde ist es nicht verwunderlich, dass die billigste Methode immer noch die menschliche Arbeitskraft ist.
Tätigkeiten von Hand ausführen ist günstiger als entsprechende Hilfsmittel zu verwenden.
Und so sieht man in Indien sehr häufig einzelne Lastenträger oder ganze Karawanen, die sämtliche Waren auf dem Kopf transportieren, um diese dem Empfänger auszuliefern.
Die Kopflast wie Tee, Bildschirm, Kartonschachteln oder leere Wasserspenderflaschen wird quer durch den Stadtverkehr und durch die Menschenmassen geschleppt, um nach getaner Arbeit ein mageres Trinkgeld zu kassieren.